Hüte uns, du lieber Gott, Vor dem Kriege. Unter blutigen Tränen, in schwerster Not, Sind so viele Herzen erlegen – Ein jüdisches Kind, ein Zigeunerkind, Seine arme Mutter ihrer Not wegen! [...] Kann denn mein Lied auch Herzen erreichen? Sollen sie niemals Krieg begehren, Sollen sie doch erweichen! Sollen sie wissen, wie der Krieg in uns bebt, Die, die ihn selber nie erlebt, Die, die den Zigeunern nicht glauben wollen, Wie viele von uns im Kriege verschollen… Papusza, „Blutige Tränen“

Alfreda
Markowska

Alfreda Markowska

Schritt 8 - Verfolgung

Hüte uns, du lieber Gott, Vor dem Kriege. Unter blutigen Tränen, in schwerster Not, Sind so viele Herzen erlegen – Ein jüdisches Kind, ein Zigeunerkind, Seine arme Mutter ihrer Not wegen! [...] Kann denn mein Lied auch Herzen erreichen? Sollen sie niemals Krieg begehren, Sollen sie doch erweichen! Sollen sie wissen, wie der Krieg in uns bebt, Die, die ihn selber nie erlebt, Die, die den Zigeunern nicht glauben wollen, Wie viele von uns im Kriege verschollen… Papusza, „Blutige Tränen“

Alfreda Markowska (genannt Nońcia), geb. 10.05.1926 in einer Schatra bei Stanisławów

Alfreda Markowska kam aus der ethnischen Gruppe der Polska Roma („Polnische Roma“), einer recht geschlossenen und traditionsverbundenen Gemeinschaft. 1939 floh ihre Schatra aus Lwiw Richtung Westen und hielt in der Nähe von Biała Podlaska (heute Ostpolen). Dort wurden 1941 Nońcias Eltern, Geschwister und weitere Angehörige von den Nazis ermordet. Sie selbst überlebte wie durch ein Wunder und begab sich auf die Suche nach anderen überlebenden Roma. Auch ihr Ehemann hatte überlebt. Sie traf ihn in Rozwadów wieder, wo beide zur Zwangsarbeit bei der Eisenbahn eingesetzt waren. Dank gefälschter Papiere und ihrer Arbeit für die Deutschen konnten sie dem sicheren Tod entkommen, den die Nazis für Sinti und Roma vorgesehen hatten.

Nońcia nutzte ihre Stelle und ihre Papiere, um jüdischen und Roma-Kindern zu helfen, die Massenmorde überlebt hatten oder aus Sammeltransporten in Vernichtungslager gerettet worden waren. Sie organisierte Verstecke und gefälschte Papiere für die Kinder, suchte ihre Angehörigen, gab sie vertrauenswürdigen Menschen in Pflege oder kümmerte sich selbst um sie. Nońcia hatte als Kind selbst Verfolgung und Demütigung erlebt und tat seither alles, um anderen Kindern dieses Schicksal zu ersparen.

Alfreda Markowska konnte ca. 50 jüdische, deutsche und Roma-Kinder retten. Trotz schwerer Schicksalsschläge gründete sie eine eigene Großfamilie, von der sie immer geträumt hatte. Für ihr „Heldentum und außergewöhnlichen Mut sowie besondere Verdienste um die Rettung von Menschenleben“ wurde sie mit dem Großoffizierskreuz mit Stern des Ordens Polonia Restitutaausgezeichnet. Sie starb am 30. Januar 2021.

Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste. Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste.
Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste. Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste.
Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste. Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste.
Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste. Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste.
Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste. Autor: Tomasz Cebulski
Rozwadów, der Bahnhof, an dem Alfreda Markowska arbeiten musste.
Autor: Tomasz Cebulski
Szczurowa, das wahrscheinlich größte Massengrab von im Zweiten Weltkrieg ermordeten Roma im heutigen Polen. Autor: Bartosz Duszyński
Szczurowa, das wahrscheinlich größte Massengrab von im Zweiten Weltkrieg ermordeten Roma im heutigen Polen.
Autor: Bartosz Duszyński
Szczurowa, Denkmal zum Gedenken an den Massenmord an 93 Roma im Jahre 1943. Autor: Bartosz Duszyński
Szczurowa, Denkmal zum Gedenken an den Massenmord an 93 Roma im Jahre 1943.
Autor: Bartosz Duszyński

Verfolgung

In dieser Phase werden die Opfer in Ghettos gepfercht, in Konzentrationslager deportiert oder auf andere Weise der Freiheit beraubt. Dort sind sie praktisch zum Sterben verurteilt, denn ihnen wird absichtlich der Zugang zu Wasser, Lebensmitteln, Medikamenten usw. verwehrt. Sie werden auch oft zwangssterilisiert, zu Abtreibungen gezwungen oder die Kinder werden ihnen gewaltsam weggenommen. Der Opfergruppe werden systematisch alle Rechte entzogen. Die Menschen werden gefoltert und verschleppt. Der Massenmord beginnt. Die Täter*innen beobachten die Reaktionen der Welt auf ihr Tun ganz genau. Wenn keine Reaktion erfolgt, erkennen sie, dass sie ihre Verbrechen in Ruhe vor den Augen tatenloser Zeug*innen ausüben können.
Um es nicht zur Verfolgungsphase kommen zu lassen, ist eine internationale bewaffnete Intervention notwendig. Wenn möglich, sollten Großmächte, regionale Bündnisse, der UN-Sicherheitsrat und/oder die UN-Vollversammlung herangezogen werden. Auch humanitäre Hilfe seitens der Vereinten Nationen und anderer Organisationen ist unverzichtbar.


Was ist der Bezug dieser Geschichte zu den Phasen des Völkermordes?

Als Romni (Roma-Frau) fiel Alfreda Markowska der Rassenideologie der Nazis zum Opfer. Im Krieg verlor sie fast ihre gesamte Familie, doch sie beschloss, Kinder zu retten, obwohl ihr eigenes Leben in höchster Gefahr war. Sie versuchte, möglichst viele Kinder vor der Verfolgung zu bewahren.

Eine Schatra war eine Gruppe von Sinti oder Roma, die zusammen lebten und sich in speziellen, zu Wohnzwecken adaptierten Wagen fortbewegten. Jahrhundertelang wanderten Sinti und Roma in Schatras durch viele europäische Länder, bis ihr Nomadenleben gesetzlich verboten wurde. Dadurch waren sie gezwungen, sesshaft zu werden.