„Im kommunistischen Polen geriet Papa ins Visier, weil er in der Polnischen Sozialistischen Partei gewesen war, die antikommunistisch gesinnt war und nach der Unabhängigkeit Polens strebte – sagt Krystyna Sławik-Kutermak. – Wir haben gelernt, ihn so zu lieben: leise, heimlich, illegal. Doch plötzlich tauchte Zimmermann in unserer Wohnung in Kattowitz auf. Ein Mann, der nicht nur mit Papa zusammengearbeitet hatte, der nicht nur gesehen hatte, wie er Menschenleben rettete, sondern der von ihm voller Respekt und Rührung sprach. Der nicht flüsterte, keine Anspielungen machte, sondern es laut und gerade heraus sagte. Und plötzlich war das Verbotene nicht mehr verboten.“ Elżbieta Isakiewicz, Artikel in der „Gazeta Polska“, 20. August 2003

Henryk
Sławik

Henryk Sławik

Schritt 10 - Verleugnung

„Im kommunistischen Polen geriet Papa ins Visier, weil er in der Polnischen Sozialistischen Partei gewesen war, die antikommunistisch gesinnt war und nach der Unabhängigkeit Polens strebte – sagt Krystyna Sławik-Kutermak. – Wir haben gelernt, ihn so zu lieben: leise, heimlich, illegal. Doch plötzlich tauchte Zimmermann in unserer Wohnung in Kattowitz auf. Ein Mann, der nicht nur mit Papa zusammengearbeitet hatte, der nicht nur gesehen hatte, wie er Menschenleben rettete, sondern der von ihm voller Respekt und Rührung sprach. Der nicht flüsterte, keine Anspielungen machte, sondern es laut und gerade heraus sagte. Und plötzlich war das Verbotene nicht mehr verboten.“ Elżbieta Isakiewicz, Artikel in der „Gazeta Polska“, 20. August 2003

Henryk Sławik, geb. am 16.07.1894 in Szeroka

Henryk Sławik kam aus einer nicht besonders vermögenden, schlesischen Familie. Er war Journalist, Mitglied der Polnischen Sozialistischen Partei, Gesandter zum Völkerbund und hatte an den drei Aufständen in Oberschlesien teilgenommen. Wegen seiner „polenfreundlichen“ Tätigkeit vor dem Krieg geriet er ins Visier der Nazis. Nach dem Kriegsausbruch konnte er nach Ungarn fliehen, wo er andere polnische Flüchtlinge unterstützte. Er wurde sogar zum Vorsitzenden des Bürgerlichen Fürsorgekomitees für Polnische Flüchtlinge ernannt. Henryk versuchte, jedem zu helfen, der sich an ihn wandte. In Zusammenarbeit mit einem Gesandten der ungarischen Regierung, József Antall, stellte er Papiere aus, die vielen Menschen das Leben retteten. Er gründete ein polnisches Waisenhaus und rettete dort tausende Erwachsene sowie katholische und jüdische Waisenkinder vor dem Tod. Im Juli 1944 wurde Henryk von der Gestapo verhaftet. Bei den anschließenden Ermittlungen nahm er die gesamte Schuld auf sich. Er behauptete, József Antall gar nicht zu kennen, und rettete ihm so möglicherweise das Leben.

Henryk Sławik wurde im Konzentrationslager Mauthausen inhaftiert und am 23. August 1944 im Außenlager Gusen ermordet. Seine Frau Jadwiga überlebte das Lager Ravensbrück. Sie fand auch ihre gemeinsame Tochter Krystyna wieder, die bei der Familie Antall in Pflege war. Nach dem Krieg schwiegen die polnischen Behörden aus politischen Gründen eisern über Henryk, seine Arbeit und seine Familie. Seine Frau und Tochter lebten in Armut und mussten Schikanen seitens der Behörden erleiden. Erst im Jahr 1990 wurde Henryk durch das Zeugnis seines Mitarbeiters Zvi Zimmermann in Israel anerkannt und erhielt posthum den Titel „Gerechter unter den Völkern“. In Polen wurden erst zehn Jahr später die ersten Versuche unternommen, die Erinnerung an ihn und seine Heldentaten wieder aufleben zu lassen.

Henryk Sławik in Cieszyn 1938. Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk Sławik in Cieszyn 1938.
Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk Sławik in Cieszyn 1938. Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk Sławik in Cieszyn 1938.
Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk Sławik in Cieszyn 1938. Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk Sławik in Cieszyn 1938.
Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk Sławik in Cieszyn 1938. Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk Sławik in Cieszyn 1938.
Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen, Massengräber. Autor: Tomasz Cebulski
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen, Massengräber.
Autor: Tomasz Cebulski
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen, Denkmal für die polnischen Opfer. Autor: Tomasz Cebulski
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen, Denkmal für die polnischen Opfer.
Autor: Tomasz Cebulski
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen. Autor: Tomasz Cebulski
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen.
Autor: Tomasz Cebulski
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen. Autor: Tomasz Cebulski
Das ehemalige deutsche nationalsozialistische Konzentrationslager Mauthausen.
Autor: Tomasz Cebulski
Henryk und Jadwiga Sławik in einer Straße in Cieszyn, 2. Oktober 1938. Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk und Jadwiga Sławik in einer Straße in Cieszyn, 2. Oktober 1938.
Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk und Jadwiga Sławik in einer Straße in Cieszyn, 2. Oktober 1938. Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN
Henryk und Jadwiga Sławik in einer Straße in Cieszyn, 2. Oktober 1938.
Quelle: Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts / Museum der Geschichte der polnischen Juden POLIN

Verleugnung

Diese Phase tritt nach jedem Völkermord ein. Die Täter*innen verwischen ihre Spuren, lassen Beweise verschwinden und schüchtern Zeug*innen ein. Sie leugnen all ihre Verbrechen und beschuldigen oft die Opfer für das, was passiert ist. Sie behindern Ermittlungen und versuchen, sich so lange an der Macht zu halten, bis sie gewaltsam zum Rücktritt oder zur Flucht gezwungen werden. Nur gründliche, ehrliche Gerichtsverfahren und gerechte Strafen können die Straflosigkeit der Täter*innen und die Verleugnung des Verbrechens verhindern.


Was ist der Bezug dieser Geschichte zu den Phasen des Völkermordes?

Die Geschichte von Henryk Sławik ist aus politischen und denkwürdigen Gründen in Vergessenheit geraten. Seine schlesischen Wurzeln, das politische Engagement in der Polnischen Sozialistischen Partei vor dem Krieg und seine diplomatische Tätigkeit für die Exilregierung in London waren heikle Themen, die im kommunistischen Polen ausgeblendet wurden. Nach dem Sturz des Kommunismus sorgte die unermüdliche Arbeit von Überlebenden, Angehörigen und einer wachsenden Gruppe von Geschichtsbegeisterten dafür, dass die Erinnerung an Henryk und seine Heldentaten endlich zur Sprache kam.

Der Titel „Gerechter unter den Völkern“ ist die höchste Auszeichnung des israelischen Parlaments Knesset für Zivilpersonen. Damit werden Menschen nichtjüdischer Herkunft ausgezeichnet, die im Zweiten Weltkrieg selbstlos Jüdinnen und Juden vor der Verfolgung durch die Nazis retteten. Bisher wurde der Titel an über 27.000 Personen aus 51 Ländern verliehen, darunter über 7.000 Polinnen und Polen.